Sonntag, 10. März 2013

Meursault

01.März 2013
Meursault, Gudruns Wohnzimmer in Karlsruhe
Vor ein paar Monaten veröffentlichten Meursault, das Bandprojekt des aus Edinburgh stammenden Neil Pennycook ein neues Album mit dem sehr schönen Namen „Something For The Weakened“. In einem von mir viel gelesenen Bandforum wurde recht begeistert darüber diskutiert. Eigentlich wollte ich mir die Platte damals auch unbedingt anhören, aber über diesen guten Vorsatz war ich dann leider nie hinausgekommen. Wenigstens der Name blieb haften und auch, dass es sich um Schotten handelte. Es kam mir daher wie ein Déjà-Vue vor, als Gudrun vom Konzerttagebuch für den vergangenen Freitag ein Hauskonzert mit eben dieser Band in ihrem Wohnzimmer in Karlsruhe annoncierte.
Endlich nahm ich mir dann die Zeit, wenigstens kurz bei Meursault reinzuhorchen und das klang durchaus sehr vielversprechend. Da es im Wohnzimmer noch freie Plätze gab, meldeten wir uns kurzentschlossen bei Gudrun an. Nicht ganz so einfach gestaltete sich dabei für uns allerdings der mit 18:00 Uhr sehr früh angesetzte Veranstaltungsbeginn. Der klassische Freitagfeierabendverkehr in der Republik ließ uns einfach länger brauchen als erhofft, was dazu führte, dass wir ungefähr die ersten 20 Minuten verpassten. Aber auch der Quereinstieg in dieses wunderbare Konzert war in jedem Fall die kleine Reise ins Badische wert gewesen.
Neil Pennycook sang ohne jegliche Mikroverstärkung leidenschaftlich laut und schön in einem ordentlich, aber noch sehr übersichtlich gefüllten Wohnzimmer. Das Publikum lauschte gebannt. Unterstützt wurde er von Sam am nicht voll aufgebauten und auch wohngebietstauglich gedämpften Drumset und Rob, der die Keyboards und auch mal den Bass bediente und ab und an auch die Zweitstimme gab. Neil wechselte zwischen dem Familienklavier, einer nur minimal verstärkten E-Gitarre, einer akustisch gespielten ukulelenartigen Gitarre und einer Elektroharp. Er freute sich riesig über die gemütliche intime Atmosphäre eines Hauskonzerts und hatte ganz offensichtlich beste Laune. Die Minimalarrangements fast ohne Verstärker taten seinen Liedern keinen Abbruch, auch wenn man manchmal merkte, dass die Musiker nicht ganz aus sich rauskommen konnten. Lustig war, als die kleine Nachbartochter bei einem vom Sänger allein vorgetragenen Lied aus dem Wohnzimmer tippelte und Neil etwas erschrocken die Augen öffnete, weil er für einen kurzen Moment dachte, sein sonst so taktsicherer Drummer, habe sich vertan oder auch die Entschuldigung für die Verwendung des F-Words, wobei es mir eher die Tränen in die Augen trieb, dass in besagtem Lied die Sonne zugunsten hübscher Schneeflocken weggeflucht werden sollte. Der düstere deutsche Winter war einfach zu lang.
Insgesamt durften wir noch eine knappe Stunde wunderschöne, teils ein bisschen melancholische und auch sehr schottisch klingende Musik genießen, bevor die drei mit dem kraftvollen „Settling“ in der Unplugged-Version Ihr Set beendeten.
Die Gastgeberin selbst musste gleich nach dem Konzert weiter zu einer anderen schon lange zugesagten Veranstaltung und auch die restlichen Gäste verabschiedeten sich recht schnell. Gegen 20:00 h hatten die Jungs abgebaut und freuten sich auf einen arbeitsfreien Abend mit ein paar Bier. Als auch wir uns gerade verabschieden wollten, lud uns der daheimgebliebene Hausherr spontan ein, doch noch ein wenig zu bleiben und so saßen wir dann mit Neil und seinen Mannen, bestens verpflegt mit Suppe, Kaffee und Eiscreme noch eine ganze Weile im Wohnzimmer und plauderten über die schlimmsten Tourübernachtungen, das schottische Wildlife und die Tierschutzaktionen einer Exfreundin, bei denen Neil im Biberkostüm auftreten durfte und seither nach eigenen Aussagen ein sehr gespaltenes Verhältnis zu Bibern hat! Ein wunderbarer Einstieg in ein rundum gelungenes Wochenende und dank des frühen Beginns waren wir trotz der einstündigen Rückfahrt noch vor 12 im Bett.
08. März 2013
Meursault, Merlin in Stuttgart
Auf dem Weg nach Straßburg und auch wieder zurück lief das in Karlsruhe erworbene Album von Meursault in der Dauerschleife und mit jedem Hören war ich noch ein bisschen entzückter. Insofern war es irgendwann keine Frage mehr, dass ich mir das genau eine Woche später stattfindende Konzert in der Heimatstadt eigentlich nicht entgehen lassen konnte. Das Merlin hätte ruhig ein bisschen besser besucht sein können, aber wenigstens war auch an diesem Konzertabend aufmerksames Publikum am Start. Manchmal hätte man sich sogar ein bisschen mehr Enthusiasmus gewünscht. So wurde ruhig gelauscht, aber auch durchaus lautstark applaudiert.
Ein schönes Kontrastprogramm zur Unpluggedversion der letzten Woche. Neil Pennycook hatte sich vor drei Tagen eine Erkältung eingefangen und war – so unrocknroll – am Teetrinken, wechselte dann aber doch pflichtschuldigst noch zur Bierflasche. Bei den anfänglich ruhigeren Liedern konnte man ein bisschen hören, dass er erkältungstechnisch etwas angeschlagen war. Normalerweise kenne er keine Stimmprobleme und es ärgerte ihn auch ein bisschen, dass er sich sozusagen erstmal etwas warmsingen musste. Uns störte es eigentlich nicht weiter. Ich war ja vor allem auf die etwas lauteren und stärker instrumentalisierten Lieder neugierig. Hinter uns wurde bei der schön gitarren- und vor allem basslastigen Version von „Settling“ lautstark mitgesungen. Leider fehlte mein Lieblingslied vom aktuellen Album, das wunderschöne „Lament For A Teenage Millionaire“ mangels eines Klaviers vor Ort, wie Keyboarder/Bassist/Backingvocalist Rob später meinte. Eigentlich fehlten dafür vielleicht auch die Streicher. Neil Pennycook ließ sich bezüglich der gespielten Songs sowieso von seiner persönlichen Stimmung leiten und entschuldigte sich bei seinen Bandkollegen dafür, dass er für diesen Stuttgart Abend zwar tatsächlich eine Setlist geschrieben hätte, sich aber wohl etwas zum Leidwesen der beiden anderen nicht im Geringsten daran gehalten hätte. Rob erklärte sofort seinen Austritt aus der Band, wobei Neil schmunzelnd mit dem angeblich vorhandenen festbetonierten Knebelvertrag konterte.
An manchen Stellen – vor allem bei den letzten Liedern – kam sogar Neil Pennycooks Metalbandjugend ein wenig zum Vorschein. Mit einem intensiven Gitarrensolo verabschiedeten sich die drei nach einer ausgedehnten Zugabe nach geschätzten 80 Minuten von der Bühne.

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